Verzopft und zugenäht: Erste Hilfe bei Zopfmuster-Unfällen

Man mag sie altmodisch finden, man mag sie lieben, aber um sie herum kommt man auf keinen Fall: Zopfmuster gehören zum Stricken wie die Wolle zum Schaf. Ich persönlich liebe Zopfmuster, weil sie so schön plastisch sind und aus einem glatten Gestrick etwas Dreidimensionales, Knautschbares machen.

Ich weiß noch, dass mir Zopfmuster am Anfang meiner Strickkarriere wie pure Magie vorkamen. Ich konnte damals gerade mal linke und rechte Maschen stricken und dachte, Lochmuster bekäme man durch kräftiges Ziehen an einzelnen Maschen zustande. Wie man Zöpfe erzeugt, war mir allerdings ein völliges Rätsel und hat mich deshalb total fasziniert.

Einige Zeit später kam ich dann hinter das Geheimnis der Zopfmuster und stricke sie seitdem immer wieder gerne. Doch egal wie viel Erfahrung ich im Verzopfen angesammelt habe – es passiert mir trotzdem noch, dass ich einen Zopf falsch herum drehe. Erfreulicherweise nicht mehr ganz so oft wie noch am Anfang meiner Strickzeit. Aber oft genug, um mich zu ärgern. Und um nach Möglichkeiten zu forschen, den Fehler zu reparieren, ohne alles wieder aufribbeln zu müssen. Das geht? Jawohl. Ich präsentiere euch drei Techniken zum Korrigieren von Fehlern in Zopfmustern!

Bild für Beitrag „Zöpfe“ Aufmacher

Zu Demonstrationszwecken habe ich hier mal drei linksdrehende Zöpfe mit je vier Maschen gestrickt. Unser Ziel ist es, am Ende drei rechtsdrehende Zöpfe zu haben, ohne alles neu zu stricken, vor Wut Stricknadeln zu zerbrechen oder Tränen zu vergießen. Dass nicht alles neu gestrickt werden muss, kann ich euch versprechen. Die anderen Punkte … schauen wir mal.

Bild für Beitrag „Zöpfe“ 1

1. Ribbeln (aber nur den Zopf)

Empfehlenswert für: Zopffehler, die erst vor ein paar Reihen gemacht worden sind.
Nicht empfehlenswert für: Fehler, die erst nach dem Abketten auffallen.
So gehts: Statt das ganze Projekt zu ribbeln, lasst ihr einfach die Maschen des Zopfes fallen und ribbelt nur sie bis zur Reihe unterhalb des Fehlers auf. Nur Mut! Ich weiß, eine Fallmasche fühlt sich im ersten Moment an, als habe man den Selbstzerstörungsknopf des Strickstücks gedrückt. Aber solange ihr nicht wie die Irren am Gestrick zieht, habt ihr die Kontrolle über den Ribbelprozess. Wenn ihr ganz sicher gehen wollt, dass nichts passiert, sichert ihr die Maschen unterhalb der Verzopfung vor dem Ribbeln mit einer dünnen Strumpfstricknadel.

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Wenn das erledigt ist, verzopft ihr die Maschen in der richtigen Reihenfolge und strickt das Ganze wieder hoch. Achtet darauf, dass ihr die aufgeribbelten Fäden in der richtigen Reihenfolge verstrickt, sonst gibt es Murks! Eine Häkelnadel hilft sehr dabei, die Fädchen einzufangen.

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Der neu hochgestrickte Zopf sieht vielleicht erst einmal etwas krude aus. Hier kann man noch ein bisschen richten, indem man die Maschen wieder in Form zupft und die Fadenspannung etwas gleichmäßiger verteilt. Den Rest erledigt dann meistens das abschließende Bad.

2. Not-OP

Schneiden? Mit einer Schere?? Meint die das ernst??? Einmal durchatmen. Die Antworten auf diese Fragen lauten: Ja, ja und ja. Und nein, ich konnte es auch nicht glauben, als ich das erste Mal von dieser Lösung gehört habe. Aber es funktioniert in der Tat sehr gut!

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Empfehlenswert für: Fehler, die man erst nach dem Abketten bemerkt oder die zu weit unten liegen, um geribbelt zu werden.
Nicht empfehlenswert für: Menschen mit schwachen Nerven.
So gehts: Stellt euch vor den Spiegel, seht euch fest in die Augen und sagt dreimal laut: „Du schaffst das!“ Legt euch etwas Schokolade, ein stärkendes Getränk oder ein flauschiges Haustier für Momente der Schwäche bereit. Stellt euch vor, wie ihr morgen um diese Zeit schon alles hinter euch und ein perfekt korrigiertes Zopfmuster habt. Schöne Vorstellung, oder? Und jetzt Schluss mit der Träumerei, es geht los.

Identifiziert die Reihe in eurem Zopf, in der der Fehler gemacht wurde. Das ist die erste Reihe, in der nach der Verdrehung der Maschen wieder alle Maschen des Zopfes nebeneinander liegen. Bei mir werden die Maschen dieser Reihe auch immer etwas länger als der Rest, weil die verkreuzten Maschen der Reihe darunter an ihnen ziehen.

Gefunden? Dann nehmt die Schere und schneidet den Faden in der Mitte dieser Reihe durch!

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Als nächstes legt ihr vorsichtig alle Zopfmaschen frei, indem ihr den durchgeschnittenen Faden rechts und links herauszieht. Die freigewordenen Maschen fangt ihr sofort mit Strumpfstricknadeln auf: Die oberen Maschen kommen auf eine Nadel, die unteren auf zwei.

Dann sortiert ihr die unteren Maschen in die richtige Verzopfungs-Reihenfolge und schließt das Loch mit Hilfe eines Stückchen Extragarns wieder per Maschenstich. Die Fadenenden von vorhin zieht ihr auch direkt auf die Rückseite und vernäht alles ordentlich. Und fertig!

Bild für Beitrag „Zöpfe“ 6

3. Schummeln

Wenn ihr nun partout weder Maschen von den Nadeln lassen noch durchschneiden mögt, habt ihr noch eine dritte Möglichkeit, eure Zöpfe zu retten. Es handelt sich um einen schmutzigen Trick, den knallharte Straßenstrickerinnen in unbeobachteten Seitengassen und Hinterhöfen anwenden. Das Ergebnis ist nicht besonders schön, ganz sicher nicht ehrenhaft und kann einem scharfen Expertenblick nicht standhalten. Aber immerhin ist der Zopf danach gerichtet und die Prozedur ist absolut ungefährlich.

Empfehlenswert für: Zopffehler an unauffälligen Stellen.
Nicht empfehlenswert für: Alles, was jemand genauer ansehen könnte.
So gehts: Ihr lasst den falsch gedrehten Zopf so, wie er ist. Mit einer Wollnadel und etwas Extragarn setzt ihr ein paar Stiche an den Stellen, wo sich die Zopfteile überkreuzen und besonders plastisch werden. Den Faden fest anziehen, damit das Ganze etwas platter wird.

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Dann stickt ihr die Maschen in gewünschter Verzopfungsrichtung nach. Fertig.

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Nicht schön, aber möglich. Ich für meinen Teil habe für diesen Zopf viel mehr Zeit gebraucht als für die beiden anderen Techniken, aber ich habe auch wenig Übung im Sticken. Wenn ihr euch mit Ribbeln und Schneiden extrem unwohl fühlt und mit dem Aufsticken gute Ergebnisse erzielt: Go for it! Beim Korrigieren wie auch beim Stricken selbst gilt meiner Meinung nach der Grundsatz, dass immer die Technik die beste ist, mit der man am besten klar kommt. Probiert euch einfach mal durch!

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Epilog: Und was ist mit Wanderzöpfen …?

Wir haben jetzt die ganze Zeit über solche Zopffehler gesprochen, bei denen eine Drehung innerhalb des Zopfes in die falsche Richtung ging. Nun gibt es ja aber auch noch Verzopfungen, die dazu dienen, eine Rippe diagonal über das Strickstück wandern zu lassen. Vergisst oder verwechselt man hier eine Verzopfung, verhungert die Rippe auf halbem Wege oder macht einen ungewollten Schlenker.

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Hier ist Sticken leider absolut keine Lösung. Liegt der Fehler noch nicht so weit zurück, empfehle ich Technik 1: das betroffene Areal ribbeln und korrekt hochstricken. Wenn dadurch zu viel Arbeit entsteht, kann man auch Techniken 1 und 2 kombinieren: Sucht euch eine Reihe oberhalb des Fehlers, ab der alles wieder ordnungsgemäß läuft. Dort schneidet ihr den Faden durch und ribbelt euch über die nötige Maschenbreite bis zum Fehler runter. Nach Muster neu hochstricken, das Loch mit Maschenstich schließen, fertig!

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Kommentare

  1. Von Claudia am 13. März 2019:

    au Backe ,wirklich nichts für schwache Nerven .
    Vielen Dank für dieses anschauliche Tutorial ,
    mit diesem Hintergrund könnte ich mich auch mal wieder an Zöpfe wagen .
    LG Claudia

    • Von Nina am 14. März 2019:

      Hallo Claudia,
      vielen Dank. 🙂 Von Zöpfen sollte man sich generell nicht einschüchtern lassen. Zeig denen, wo die Zopfnadel hängt!

  2. Von Klara am 13. März 2019:

    Hi Nina,
    also Nummer 1 hab ich so ähnlich schon mal gemacht zur Fehlerkorrektur, allerdings nicht bei Zöpfen. Stell ich mir ganz praktisch vor.
    Nummer 2 verstehe ich nicht ganz: nehme ich für den Maschenstich noch einmal einen Extrafaden? Mit diesen kurzen Enden geht das doch gar nicht, oder?
    Liebe Grüße

    • Von Nina am 14. März 2019:

      Hi Klara,
      stimmt, das hätte ich vielleicht dabeisagen sollen. Für Technik 2 braucht man natürlich ein Stückchen Extrafaden. Danke für den Hinweis, das schreib ich noch schnell in den Beitrag rein!

  3. Von Petra P. am 14. März 2019:

    Hallo Nina,

    super Beitrag! So wie Du es beschrieben hast bessere ich meine normales Strickstück aus. Hilfe, aber bei Zopfmuster, da würde ich die Krise bekommen, wenn ich das so machen müsste. Gott sei Dank, ich stricke fast nie Zöpfe, dann bleibt mir das erspart. Aber Du hast das gut erklärt für die Zopf Stricker.
    Liebe Grüße
    Petra

    • Von Nina am 14. März 2019:

      Hallo Petra,
      vielen Dank! Ich kann Zöpfe nur empfehlen, wenn man sich nicht verstrickt machen sie echt Laune. Und man kann sie auch sehr gut sehr sparsam einsetzen, zum Beispiel als Zierleiste an Socken oder Ärmeln. 😉

  4. Von Alex / Solunas kreatives Chaos am 15. März 2019:

    Oh… Danke für die ausführlichen Notoperationshilfen…
    das muss ich mir unbedingt für die nächsten Fehlverzopfungen
    merken. Ob ich mich das mit dem Schneiden traue??

  5. Von Edda am 17. März 2019:

    Vielen Dank für die Tipps!
    Zu Nr. 1 kann ich ergänzen, das es ausreicht die Hälfte des Zöpfe fallen zu lassen

    • Von Nina am 18. März 2019:

      Mensch Edda, du hast Recht! Die Maschen müssen ja eh von rechts nach links und umgekehrt wandern, da reicht es natürlich, nur eine Hälfte zu ribbeln und die Maschen dann andersherum als vorher um die stehen gebliebenen Maschen herumzuzopfen. Da wäre ich in hundert Jahren nicht drauf gekommen, aber es ist ganz logisch. Danke dafür! 😀
      Viele Grüße
      Nina

  6. Von Katrin am 20. März 2019:

    Liebe Nina,
    ganz lieben Dank für diese Tipps und die anschaulichen Bilder!
    Bei Euch kann man immer wieder was dazulernen!

    Vielen Dank auch an Dich, Edda!

    LG Katrin

  7. Von Friedericke am 21. März 2019:

    Hallo!
    Ein toller, hilfreicher Beitrag! Vor ein paar Wochen erst stand ich genau vor diesem Problem. Da ich keine Anleitung gefunden hatte, habe ich mich nicht ans Schneiden rangetraut und den Fehler durch Sticken versteckt. Fällt zum Glück kaum auf. Aber das nächste Mal werde ich mich dank deiner Anleitung trauen zu schneiden!
    Vielen Dank für die tollen Tips!

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