Safety Line – der (zahn)seidene Rettungsfaden

Sagt euch das Stichwort „Safety Line“ beim Stricken etwas? Falls ja: La la la, schönes Wetter heute, nicht? Wollt ihr nicht kurz ’ne Runde spazieren, während ich hier den Anderen …? 😉 Falls nein: Oooh, dann kommt man ran. Eine Safety Line ist ungemein praktisch. So praktisch, dass meine Anfänger im Strickkurs immer mit mir schimpfen, dass ich das erst in der fünften oder sechsten Stunde zeige. Sie hätten das gern unmittelbar nach den linken und rechten Maschen gelernt 😉

Die Safety Line oder der Rettungsfaden rettet einem nämlich den Allerwertesten, wenn man beim Stricken unschöne Fehler einbaut, dies erst einige Runden später bemerkt und/oder mit den vorhandenen Fehlerbehebungstechniken (Rückwärtsstricken, kontrolliert Maschen fallenlassen und wieder hochstricken, bis zum Anschlag ribbeln und alles in die Ecke werfen) nicht klar kommt oder grad keine Lust darauf hat. Dabei funktioniert die Safety Line beim Stricken wie das Zwischenspeichern bei Computerspielen oder die Sicherheitsstufen bei „Wer wird Millionär?“.

Bild Beitrag „Lifeline“ 3

Und zwar so: Ihr strickt irgendwas Nettes, vielleicht Anspruchsvolles. Sagen wir mal ein kompliziertes Loch- oder Zopfmuster. Macht Spaß, ne? Jaaa. Aber ihr ahnt bereits: ihr werdet Fehler machen. Ihr hört ihn schon kichern, den Fehler, hämisch und heimtückisch. Er wartet nur auf einen unaufmerksamen Moment und dann wird er sich mitten rein setzen in eure schöne Arbeit. Dieser Schweinehund! Aber ihr seid ja selber schlau und listig und beugt vor:

Zu einem Zeitpunkt, an dem nachweislich noch alles korrekt ist, legt ihr euer Werk kurz beiseite und bereitet ein Stück dünnes Garn (Lace ist perfekt) oder, Tipp aus der allwissenden Lanade-Facebookgruppe: Zahnseide (ohne alles), und eine Nähnadel vor.

Jetzt fädelt ihr das dünne Garn durch alle aktiven Maschen. Von links nach rechts oder rechts nach links, das ist egal. Lasst die Maschen aber, anders als beim Stilllegen, auf der Nadel drauf. Wenn ihr auf einer Rundstricknadel arbeitet, schiebt die Maschen aufs Seil, da habt ihr mehr Platz.

Bild Beitrag „Lifeline“ 4

Jetzt liegen alle Maschen sowohl auf der Nadel als auch auf der Safety Line. Vorsicht bei Maschenmarkern! Die bitte nicht mit Auffädeln, sonst sind sie gefangen.

Bei der nächsten Reihe/Runde ist Vorsicht geboten: Strickt, was auch immer die Anleitung euch sagt (oder was ihr für richtig befindet), aber passt auf, dass ihr die Safety Line nicht mit abstrickt. Die soll nämlich da bleiben wo sie ist.

Jetzt könnt ihr gepflegt weiterstricken und den Fehler machen, von dem ihr wusstet, dass er kommen würde. Da isser auch schon!

Bild Beitrag „Lifeline“ 6

Na, wer hat Lust, hier zehn Reihen rückwärts zu stricken? Oder sieben Maschen fallenzulassen und wieder hochzupfuschen? Oder die Nadel herauszuziehen, zu ribbeln und beim wieder Aufnehmen in drei verschiedenen Reihen zu landen und dabei noch vier Laufmaschen zu übersehen? Ein paar Todesmutige? 😉 Das Gute ist: wir müssen das alles nicht tun. Wir haben ja die Safety Line.

Bild Beitrag „Lifeline“ 1

Kurz und schmerzlos: Stricknadel raus, ribbeln, genüsslich mitansehen wie der Fehler verschwindet, auf den kleinen Ruck warten der anzeigt dass das Ribbeln nicht weitergeht weil die Safety Line erreicht ist, alle Maschen entlang der Safety Line wieder auf die Nadel nehmen, und schon kann’s weitergehen.

Bild Beitrag „Lifeline“ 2

Zeitaufwand: ein bis zwei Minuten. Nervenaufwand: gering. Nochmal-Strickaufwand: umso geringer, je häufiger ihr Safety Lines einzieht. Ist das nicht herrlich?

Noch ein paar Anmerkungen: Wenn ihr zur Safety Line ribbelt, fallen euch die Maschenmarker aus dem Strickwerk. Schaut, dass ihr sie beim Wiederaufnehmen entlang des Fadens an den richtigen Stellen neu platziert. Lasst den Faden, wenn ihr ihn benötigt habt, ruhig drin. Manchmal braucht man ihn zweimal 😉 Zieht regelmäßig neue Safety Lines ein, das verringert den Ribbelverlust.

Und zum Schluss noch der ultimative Tipp für alle, die austauschbare Nadelspitzen verwenden: diese kleinen Löcher unter dem Metallgewinde am Nadelseil schreien geradezu „Hier, ich!“ wenn ihr eine Safety Line einziehen wollt. Benutzt sie einfach wie ein Nadelöhr, strickt eine Reihe/Runde und schon habt ihr ihn drin. Den Rettungsfaden 🙂

Bild Beitrag „Lifeline“ 5

Ach, da kommen ja die Anderen wieder. Was, die haben Eis? Ich will auch! Tschüüüüss!

P. S.: Noch was unklar? Fragt nur los, dazu ist die Kommentarfunktion ja da 🙂

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Kommentare

  1. Von Eva am 06. August 2015:

    Super Tipp!

    Und sehr amüsant geschrieben…gefällt mir. 🙂

  2. Von Kathi am 06. August 2015:

    Komplziertes Lochmuster? Hab ich.
    Kichernder Schweinehund? Hat zugeschlagen.
    Ich bin schlau und listig….. Dachte ich.
    ….und beugt vor? Verdammt!
    Gestern ohne rettendes Seil geribbelt und die Nerven verloren. Hätteste das mal eher gesagt! 😀
    Besonders klasse der Tipp mit dem Nadelspitzenloch! Das geh ich gleich mal ausprobieren, vielen Dank!

  3. Von Enke am 06. August 2015:

    Antje ich liebe sie, deine Blogbeiträge ❤️

  4. Von Christina Zoglauer am 06. August 2015:

    Hahaha…ich habe wieder schmunzeln müssen. Ich liebe eure Blogbeiträge, die einem immer ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. Außerdem ist der Beitrag sehr hilfreich, auch für langjährige Strickerinnen. Ich gehöre zu denen, bei denen einfaches Ribbeln ohne Rettungsleine immer dazu führt, dass nachher jede Menge Maschen verschwunden sind und es beruhigt mich, dass es dir anscheinend genauso geht, Antje <3

  5. Von Sima-Maria am 06. August 2015:

    Klasse Tip, genial und vor allem nachvollziehbar geschrieben. Werde mir einige Mieselaune Momente ersparen.
    Herzlichen Dank und weiter so mit dem Blog und den Tips
    Danke

  6. Von Diana am 06. August 2015:

    Hallo,

    was hab ich schon über Ihre Einträge gelacht…Sie sind so köstlich geschrieben und der tolle Nebeneffekt ist man lernt auch wirklich noch was bei.
    Darum meine Bitte….Weiter so und bitte NIE den Humor und Witz verlieren!!!!
    Ich werde auf jedenfall weiter mit lesen,das ist sicher!

  7. Von Astrid am 06. August 2015:

    Noch ein kleiner Zusatztip: ich ziehe die Rettungslinien immer in den Reihen ein, in denen keine Umschläge sind, finde das Auffädeln der Maschen so einfacher.

    Toller Artikel, super erklärt, liebe Antje! Und danke auch für den Aha-Effekt beim Spitzenloch – genial!

  8. Von Silvia am 06. August 2015:

    So, bin auch wieder da. Eis bei dem Wetter ist schon lecker.
    Wieder ein toller Artikel von Dir, Antje. Ich mag die Safety Line lieber mit etwas dickerem Garn, als der Zahnseide. Bei der Zahnseide hab ich echt Schwierigkeiten, die Maschen wieder auf die Nadel zu bekommen. Und damit ich die Safety Line nicht mit einstricke, nehme immer eine andere Farbe, als mein Arbeitsgarn (ist nämlich auch schon passiert ;)).

  9. Von Lilly am 06. August 2015:

    Hätte ich doch den Beitrag nur eine halbe Stunde früher gelesen!!!
    Da habe ich ihn erlebt, den Ärger über diesen Fehler im Lochmuster des schon weit fortgeschrittenen Strickteils – natürlich gaaanz weit unten! Und erst diese Verzweiflung über den Maschensalat nach dem Aufribbeln.
    Zum Runterkommen mal bei lanade reinschauen. Können die Gedankenlesen? Jedenfalls wird mein Zahnseidenverbrauch rasant steigen. Vielen Dank.

  10. Von Doris am 06. August 2015:

    Liebe Antje,
    wusste das es eine “Rettungsleine”gibt,habe nur die Anleitung dazu nicht so recht verstehen können.
    Dann lese ich heute deinen Artikel.
    SUPER erklärt.

    Hätte ich gestern Abend anwenden können.
    Seit sechs Wochen stricke ich ein Tuch mit nicht ganz einfachen Lochmuster.Und dann ist’s passiert.
    Habe alles versucht.Der eigentlich kleine Fehler wurde immer grösser.
    Mir blieb dann nur noch das Ribbeln und das bis zum Anfang.

    Das wird mir beim zweiten Versuch nicht mehr passieren.

  11. Von Irene am 06. August 2015:

    Das mit den Nadelspitzen kannte ich, auch daß man bei Lacegarn bis ca 250 Maschen alles gut gequetscht auf die Nadel schieben kann und wieder zurück um das Garn durchzuziehen, aber ich bin ja manchmal so ins Stricken vertieft, daß ich nach ein paar komplizierten Reihen einfach vergesse , den Rettungsfaden etwas höher zu packen und schwupp haben wir dann den Salat. Meist bei ” och, hab ich wieder vergessen, mach ich in der nächsten Reihe! und dann ist das Chos perfekt und ich kann die letzten 15 Reihen dann nochmal machen und frag mich an welcher Reihe ich denn jetzt wieder anfange! :-((((

  12. Von Annett am 06. August 2015:

    Oh so toll! Ich versuche mich grad an verschiedenen Lochmustern! Danke schön für den tollen Tipp! Und wann erscheint dein Buch ?

  13. Von Jutta am 07. August 2015:

    Hallo Antje,
    das ist er coolste Tipp ever. Wenn ich den schon eher gekannt hätte…..
    Mein Lacetuch wäre längst fertig und würde nicht gefrustet in der Ecke liegen.
    Am Besen ist der Tipp mit dem Loch in den austauschbaren Spitzen. Da ich diese verwende, wird meine Zahnseide zukünftig mein stetiger Begleiter, nicht nur für den ursprünglichen Verwendungzweck.
    Vielen, vielen Dank für diesen super Nervenretter. :))

  14. Von Nakuna am 30. August 2015:

    “Schlau schlau!”, dachte ich und fädelte meine Zahnseide in das kleine Loch am auswechselbaren Seil, stricke mich glücklich durch alle Maschen und Stelle in der nächsten Reihe fest, dass dadurch alle meine Maschenmarkierer gefangen waren.
    “Schlau, schlau…”, dachte ich und suchte in meinem Fundus nach neuen, freien Markierern und ließ gefangen, was gefangen war.

    😉

    • Von Antje am 30. August 2015:

      Schlaufuchs! 😉

  15. Von Michaela am 29. September 2015:

    Also wirklich … ich stricke ja nicht erst seit gestern, habe eine halbe Bibliothek an Strickbüchern, mind. eine ganze Bibliothek an Strickzeitschriften, aber die Safety Line habe ich in keiner dieser Druckwerke bisher entdecken können. Und … was mich noch viel mehr ärgert, daß ich da noch nicht selber drauf gekommen bin! 🙂
    Ich finde die Safety Line GENIAL und bin begeistert und dankbar für diesen unschlagbaren Tipp!

  16. Von Annemarie am 18. Dezember 2015:

    Ich stricke seit über 50 Jahren und habe noch nie etwas von einer Safety line gehört oder gelesen. Tolle Idee! Werde ich bestimmt bald mal ausprobieren. Danke.

  17. Von Sabine am 12. Oktober 2016:

    Ich hätte mal viel früher Euren Shop und Blog entdecken sollen.
    Die Safety-Line hätte mir und meiner Umgebung eine Menge Nerven gespart. *lach*

  18. Von Hypatia am 09. März 2017:

    Wenn man mit austauschbaren Nadelspitzen strickt und genug von den Seilen dafür hat kann man auch ein solches als Safety Line nehmen. Dann muss man nach dem Ribbeln nur die Spitzen dran machen und kann weiter stricken 😉

  19. Von Britta am 09. März 2017:

    genial! danke

  20. Von Simone am 10. November 2017:

    Na das ist ja wirklich mal ein wertvoller Tip! Vielen Dank!

  21. Von Uta K. am 02. Dezember 2018:

    Haha! Ich wusste doch, dass ihr noch einen kleinen Trick im Ärmel habt, wie man so eine Safety Line easy peasy einziehen kann. Danke für den Tip mit den Löchern bei den Nadelsystemen!

  22. Von Angelika am 21. Juli 2020:

    Nach ??? Jahren habe ich wieder die Stricknadeln „entdeckt“, Corona sei Dank. Durch Zufall bin ich gestern auf Lanade und diesen SUPERTIPP gestoßen. Nicht nur amüsant den Blog zu lesen. Die Safety Line hätte ich schon mehrfach gebrauchen können. Jetzt liegt sie immer bei meiner Strickarbeit. Vielen Dank für diese so tolle Hilfe.
    Die Website finde ich übrigens sehr gut.

    • Von Antje am 24. Juli 2020:

      Hallo Angelika, na dann mal willkommen zurück in der Welt des Strickens! Ich wünsch dir viel Spaß bei uns und wer weiß, vielleicht auch noch mehr nützliche Entdeckungen 🙂

  23. Von Harry am 14. Februar 2022:

    Moin
    schöne Idee.
    nur was macht man wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist?
    Freundin ist blind und ich kann nicht stricken. Jetzt muss was aufgemacht werden weil fehler drin.

  24. Von Antje am 15. Februar 2022:

    Hallo Harry,
    schreib uns gern eine Mail an info@lanade.de und beschreibe dein spezielles Problem etwas genauer.

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