Och! Ein Loch!

Dunkelheit. Leise pirscht sich das Monster an. Sein Opfer ist absolut ahnungslos und ebenso schutzlos. Mit einem bösen Lächeln reibt sich das Monster die Fänge. Gleich ist es so weit. Es duckt sich, springt, findet das Genick seines Opfers – und beißt zu! Plötzlich wird eine Tür aufgerissen und taucht die brutale Szene in gleißendes Licht. „Verdammt Motte, verschwinde aus meinem Kleiderschrank!“ – aber es ist zu spät. Im Pullover ist ein Loch.

Bild für Beitrag „Löcher“ 1

Okay, das ist vielleicht eine etwas dramatische Darstellung. Aber die Gefahr ist real. Denn auch wenn wir die besten Vorsichtsmaßnahmen gegen Motten treffen, gibt es da draußen immer noch ihre fiesen Verbündeten: Katzenkrallen, spitze Haarnadeln, Jackenreißverschlüsse und, nicht zu vergessen, die sich auf mysteriöse Weise von selbst öffnenden Knoten. Wohin man auch sieht, alles scheint eine Bedrohung für unsere liebevoll gestrickten Sachen. Was also kann man tun, wenn ein Loch im Strick ist?

Erste Regel: Keine Panik. Wenn man nicht am Gestrick herumzerrt, kann das Loch nicht schlimmer werden. Zweite Regel: Nur Mut! Ein schöner Pullover mit unschön repariertem Loch ist meiner Meinung nach immer noch besser als ein schöner Pullover mit gar nicht repariertem Loch, der nur noch im Schrank liegt – oder im Altkleidercontainer. Außerdem könnt ihr jede Reparatur später wieder auflösen und schöner neu flicken, sobald ihr mehr Übung habt.

Wie man ein Loch am besten repariert, hängt in erster Linie davon ab, welche Materialien euch zur Verfügung stehen. Optimalerweise habt ihr noch etwas vom Originalgarn übrig oder könnt ein Knäuel davon nachkaufen. Dann wird die Reparatur so gut wie unsichtbar.

Bild für Beitrag „Löcher“ 10

Ich habe für meine kleine Demonstration DROPS Eskimo in den beiden Farben 24, gelb und 10, bordeaux verwendet, damit ihr die einzelnen Schritte gut erkennen könnt. Bei einer richtigen Reparatur nimmt man aber natürlich nach Möglichkeit die gleiche Farbe, gell?

Bild für Beitrag „Löcher“ 8

Und hier ist unser Loch. Der Faden ist an einer Stelle durchtrennt, wie es durch Mottenfraß, scharfe Gegenstände oder aufgesprungene Knoten passieren kann.

Zunächst nehmen wir in der Reihe unter und in der Reihe über dem Loch Maschen auf. Dafür wird eine Stricknadel durch jedes zweite Maschenglied geschoben. Ihr solltet die gleiche Nadelstärke nehmen, mit der ihr damals auch gestrickt habt. Aber wenn es zu fummelig wird, könnt ihr auch erstmal mit einer dünneren Nadel arbeiten und die Maschen dann auf die richtige Nadel übertragen.

Bild für Beitrag „Löcher“ 9

So etwa. Geht mindestens zwei oder drei Maschen zu beiden Seiten des Loches mit, egal wie breit es ist. Ihr könnt auch mehr Maschen aufnehmen, wenn ihr auf Nummer sicher gehen wollt.

Dann wird das Loch erstmal vergrößert. Zieht die losen Enden des zerstörten Fadens aus denjenigen Maschen heraus, die ihr gerade aufgenommen habt. Damit gewinnt ihr Material, mit dem ihr die losen Enden sichern könnt.

Bild für Beitrag „Löcher“ 7

Jetzt kommt euer Reparaturfaden zum Einsatz. Und zwar wie? Ihr habt’s erraten: Mit dem Maschenstich. Antje zeigt hier, wie es geht.

Bild für Beitrag „Löcher“ 5-6

Auf der Rückseite alles schön sichern und vernähen und ihr seid fertig. War nicht schlimm, oder?

Aber es gibt natürlich auch die schlimmeren Fälle. Etwa wenn die hinterhältige Motte eine Familienfeier im Kleiderschrank gefeiert hat oder wenn sich an einer Sockenferse oder einem Pullover-Ellenbogen ein ganzes Areal des Gestricks durchgescheuert hat. So ein Biest hier meine ich:

Bild für Beitrag „Löcher“ 4

Das Loch besteht hier nicht nur aus einem durchtrennten Faden, sondern aus mehreren fehlenden Reihen Garn. Auch hier werden genau wie im oberen Fall Maschen unter und über dem Loch aufgenommen und die losen Enden auf der Rückseite gesichert. Das Loch wird so weit erweitert, wie es dafür nötig ist.

Bild für Beitrag „Löcher“ 15

Auf der Vorderseite wird nun aus den aufgenommenen Maschen eine Art Flicken gestrickt. Ihr setzt den Reparaturfaden an und strickt die Anzahl der Reihen, die im Loch fehlen.

Bild für Beitrag „Löcher“ 3

Und dann? Ihr ahnt es schon: Maschenstich.

Bild für Beitrag „Löcher“ 2

Die Seiten könnt ihr durch Nachsticken der Maschen fixieren, dann sitzt alles sicher. Und wenn ihr im Gegensatz zu mir die passende Farbe für den Flicken gewählt habt, ist er am Ende auch so gut wie unsichtbar.

Es gibt auch noch eine dritte Art Löcher, die Demnächst-Löcher. Sie entstehen, wenn die Motte ihr Werk nicht ganz vollenden konnte oder auch, wenn man beim Stricken unbemerkt den Faden nicht ganz erwischt hat. Fortan schielt man ständig auf diese eine Masche, die wortwörtlich am seidenen Faden hängt und noch kein Loch ist, aber jeden Moment zu einem werden könnte.

Nun gibt es aber natürlich auch den unseligen Fall, in dem man für die Reparatur kein Originalgarn mehr beschaffen kann. Vielleicht wird es nicht mehr hergestellt, vielleicht war es handgefärbt, vielleicht hat der Ehepartner mit sofortiger Scheidung gedroht, wenn nur noch ein einziges Knäuel Wolle über die Türschwelle kommt – alles schon vorgekommen. Das Loch will trotzdem repariert werden.

Die naheliegendste Möglichkeit besteht darin, ein Ersatzgarn zu nehmen, das dem Originalgarn so nahe wie möglich kommt. Klappt manchmal, aber leider nicht immer. Zweite Möglichkeit: Ein Garn in passender Stärke, aber in anderer Farbe zu nehmen und aus der Kunst eine Tugend machen, indem man die Naht zum hübschen Motiv ausstickt. Bietet sich vermutlich bei Kindersachen an. Es gibt aber auch noch eine dritte Möglichkeit, die bei kleineren Löchern ganz gut funktioniert.

Bild für Beitrag „Löcher“ 14

Dafür nehmt ihr eine kleine, spitze Nähnadel und farblich passenden Nähfaden. Mein Faden ist jetzt wieder absichtlich farblich unpassend aus Vorführgründen, ihr macht das dann natürlich besser.

Bild für Beitrag „Löcher“ 11

Jetzt näht ihr das Loch auf der Rückseite zu. Achtet dabei darauf, dass ihr erstens das Strickgarn durchstecht statt unterstecht, damit die Naht auf der Vorderseite unsichtbar bleibt, und zweitens den Faden nicht zu straff zieht, sonst habt ihr am Ende einen hässlichen Wulst.

Bei der DROPS Eskimo lassen sich auch die losen Garnenden des Loches auf diese Weise ganz gut fixieren. Klappt das bei eurem Garn nicht, könnt ihr im Notfall auch mit Sekundenkleber arbeiten, um ein Aufreißen des Lochs zu verhindern.

Bild für Beitrag „Löcher“ 12-13

Nicht die schönste Lösung, aber vielleicht auch nicht die schlechteste. Funktioniert übrigens auch mit gekauften Pullovern!

Habt ihr noch andere Tricks, um Löcher in Strickstücken zu reparieren? Was machen die Häkler?

Facebook Pinterest Twitter

Kommentare

  1. Von Katja am 31. Januar 2017:

    Perfekt!!! Dankeschön :* Erst vor ein paar Tagen habe ich ein unschönes Loch an ein paar meiner Lieblingssocken gefunden. Und das Loch zu überstricken ist tausendmal schöner als Olles stopfen.

    • Von Nina am 31. Januar 2017:

      Auf jeden Fall! Bei Socken kann man auch gut üben, die stecken ja eh die meiste Zeit in Schuhen und Pantoffeln. Wenn dann mal ein Pullover repariert werden muss, bist du Experte. 🙂

  2. Von Julia K am 31. Januar 2017:

    Danke! Ein Thema, dem ich mich dringend zuwenden muss, um eine schöne Jacke aus einer dunklen Kiste zu retten!! Das hat mich jetzt mal angeschubst, mich zu trauen. Du hast recht – besser mäßig gut geflickt als für immer vergraben….

    • Von Nina am 31. Januar 2017:

      Tschakka, du schaffst das! 😀

  3. Von Sabine Klanten am 31. Januar 2017:

    Liiiiiiebe Nina!

    Hättest Du diesen Beitrag nicht bitte zwei Tage früher schreiben können? Vorgestern nämlich erst habe ich meinen Lieblingspullover “repariert, der leider einer hungrigen Motte zum Opfer gefallen ist. Seit Beginn des Winters hab ich das vor mir hergeschoben, das Loch, dass sehr unschön mitten im Brustbereich prangte, zu stopfen. Vorgestern hab ich es gemacht – leider nicht so schön, wie von Dir beschrieben. Aber ich denke mal, das wird nicht das letzte Mottenloch sein, dass ich beklagen muss.

    Danke für die wieder mal sehr hilfreichen Tipps!

    • Von Nina am 31. Januar 2017:

      Oh Mist! Aber eine Reparatur lässt sich ja immer wieder erneuern. Hab ich aber, ehrlich gestanden, auch nicht immer den Nerv zu … 😉

    • Von Laura am 31. Januar 2017:

      Genau, bei mir kommts auch ein Tag zu spät 😀 Aber mal gucken, wenn’s mich wirklich nervt mache ich es noch mal auf und es wird sicher nicht das letzte Loch gewesen sein!

      Danke für die schöne Anleitung!

  4. Von Carla am 31. Januar 2017:

    Danke Nina, habe aktuell zwei riesige Löcher im Samen und ich einem anderen Schal. Also werde ich das doch direkt mal versuchen.

    • Von Nina am 31. Januar 2017:

      Ah, gut dass du es erwähnst! Der Samen wird ja kraus rechts gestrickt, da musst du unter Umständen mit dem Maschenstich aufpassen. Oder die Reparatur mit extra auffälligem Garn machen und das ganze als West’sches Zierdetail ausgeben. 😉
      Berichte doch hinterher mal, wie es deinem Tuch ergangen ist!

  5. Von Terra am 31. Januar 2017:

    Wunderbar erklärt – darf ich verlinken?
    LG, Sabine.

  6. Von Ursual am 31. Januar 2017:

    Super gut erklärt. Geht übrigens auch mit Leinenstoffen, ich gehör noch zu der Generation die sogenannte “Weißnäherinnen”noch kennt! Man nennt es im schwäbischen auch “zuwifeln” Danke für Eure tollen Beiträge

  7. Von Katrin am 31. Januar 2017:

    Liebe Nina,
    das sind die besten Erklärungen mit den besten Ergebnissen, die mir bis jetzt begegnet sind. Danke !
    Ich habe ein Kästchen, indem ich von jedem Projekt ein kleines Miniknäuel aufbewahre.
    Tja, was macht man bei Häkelarbeiten? Das würde mich auch interessieren. Nachdem man das Loch vom Prinzip her wie in Deiner Erklärung erweitert hat, ist es wahrscheinlich noch einfacher, die neuen Maschen anzusetzen- aber dann ?

    • Von Nina am 01. Februar 2017:

      Beim Häkeln kann man ja prinzipiell ganz gut schummeln. Aus dem Bauch heraus würde ich ja sagen: Fehlende Maschen an der unteren Kante des Lochs anhäkeln und dann unauffällig an den vier übrigen Seiten annähen. Vielleicht gibt das dann aber auch völliges Chaos …

  8. Von Christine am 31. Januar 2017:

    Der von mir gestrickte Pullover, den meine Mutter letzte Woche hervorholte, ähnelte mehr einem Fischernetz, als einem Pulli. Da war nix mehr zu machen
    Bei nicht mehr vorhandenem Garn sticke ich in einem passenden Garn immer Blümchen auf das Gestrick. Passt fast immer und ist ein Eyecatcher.
    Trotzdem Danke für die guten Tipps.

    • Von Nina am 01. Februar 2017:

      Das mit den Blümchen ist eine sehr kreative Lösung! Womöglich sieht der Pullover dadurch hinterher sogar noch besser aus als vorher? 😀

  9. Von Katha am 31. Januar 2017:

    Dieser Beitrag kommt genau richtig! Hier liegt ein (gekaufter) Wollpullover mit Loch und wird nicht mehr getragen und ich sehe es wie Du: Ein Pullover mit unschön geflicktem Loch ist auf alle Fälle besser als ein Pullover, der nicht getragen wird.
    Liebe Grüße

  10. Von Ulrike am 13. November 2018:

    Diese Beschreibung hat mich gerettet.
    Die Trachtenstrümpfe, nur einmal getragen, und mit vielen Zöpfen und Mustern sind jetzt wieder tragbar.
    Ich wollte schon ein zweites Paar stricken, aber so ging es viel schneller. Und man sieht nichts.
    Perfekt erklärt. Danke!

  11. Von Fussel am 21. Mai 2019:

    Wenn man eine Stelle (Ellenbogen, Sockenferse etc.) hat, die schon dünn geschuert, aber noch nicht durch ist, kann man die Stelle auch im Maschenstich flächig nachnähen, ohne das alte Garn rauszutrennen. Das bißchen Dicke machet bei fast durchgescheuertem Garn eh nix mehr aus. Wenn man das Originalgarn verwenden kann, sehen die Stellen nach dem Waschen aus wie neu. Und es ist elastisch wie normales Gestrick, und nicht wie eine gewöhnliche Stopfstelle.

  12. Von Violine am 06. September 2020:

    Eine Frage:
    Was für eine Art Rand hast Du an dem Flicken gemacht? Oder hast Du ihn eingeschlagen, damit man ihn nicht sieht?

    • Von Nina am 14. September 2020:

      Hallo Violine,
      ich habe den Flicken einfach nur glatt rechts hochgestrickt und die Randmaschen dann am Untergrund festgenäht. Den Rand einzuschlagen hätte zumindest bei dem im Beispiel verwendeten, sehr dicken Garn stark aufgetragen, das wäre nicht schön geworden. 😉

Neuen Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.