Innerhalb einer DROPS-Garngruppe tauschen?

Erinnert ihr euch noch an eure ersten Schritte in der Welt des Strickens? Ich schon. Nachdem ich eines schönen Tages aus heiterem Himmel von einem Inspirationsblitz getroffen wurde, aufsprang und Ich will stricken lernen! brüllte, folge sogleich ein zweiter Geistesblitz: Dazu gibt es doch bestimmt was im Internet! Gab es auch, und zwar überwältigend viel. Während ich in YouTube-Videos die Grundlagen lernte, war ich von Ravelry noch heillos überfordert und landete irgendwann auf der Seite von DROPS Design.

Was mich bei DROPS begeistert hat, war natürlich in erster Linie, dass sämtliche Anleitungen gratis waren. Ebenso gut fand ich aber auch, dass für jede Anleitung Garnalternativen aus dem Garngruppen-System von DROPS angegeben werden. Da sieht man auf einen Blick, welche Garne die gleiche Maschenprobe ergeben wie das in der Anleitung vorgeschlagene Garn, so dass man ohne große Rechnerei auf ein anderes Garn zurückgreifen kann.

Als junges, unbedarftes Ding habe ich mir ins Fäustchen gelacht und für meine ersten DROPS-Projekte die jeweils günstigste Garnalternative gewählt – und mich dann hinterher schön geärgert. Denn auch wenn die Maschenprobe stimmt, lässt sich nicht jedes Muster mit jedem Material gleich gut umsetzen. Manchmal bedeutet das nur, dass das Ergebnis nicht ganz so schön ausfällt wie auf dem Modellbild. Und manchmal bedeutet das, dass das Teil geradewegs von der Stricknadel in den Altkleidercontainer wandern kann. In der Hoffnung, dass meine Fehler wenigstens andere vor frustrierenden Fehlschlägen bewahren können, möchte ich heute deshalb einige Garntypen von DROPS vergleichen.

Bild für Beitrag „Garngruppen“ 1

Zu Demonstrationszwecken habe ich für euch sieben DROPS-Garne aus der Garngruppe C herausgesucht und zu Musterproben verarbeitet: DROPS Alaska, Nepal, Big Delight, Big Merino, Air, Brushed Alpaka Silk und DROPS ♥ You #5.

Die Wolligen

Bild für Beitrag „Garngruppen“ 5

  • im Bild: DROPS Alaska, Nepal, Big Delight (von links nach rechts)
  • ähnlich: Andes, Delight, Eskimo, Fabel, Flora, Karisma, Lima, Polaris
  • Merkmal: Überwiegend bis vollständig aus Schafwolle
  • Strukturmuster: Okay
  • Lacemuster: Okay
  • Zopfmuster: Auch okay
  • Stärke: Gutmütig und robust
  • Schwäche: Tendenziell etwas kratziger

Schafwolle macht eine Menge mit, das gilt auch für die Wollqualitäten von DROPS. Bei einem warmen Winterpullover oder einer Jacke greife ich bedenkenlos auf sie zurück, weil ich weiß, dass sie jedes Muster gut rausbringen. Direkt auf der Haut mag ich aber keine von ihnen tragen, auch nicht die Garne mit Alpaka-Anteil (Lima, Nepal und Andes – Flora geht noch), die etwas geschmeidiger sind als ihre Geschwister aus Schafswolle.

Mein erster DROPS-Schal, bei dem ich die farbenfrohe DROPS Big Delight statt der vorgeschlagenen Big Merino verstrickt habe, ist leider nie mehr als eine halbe Stunde getragen worden. Dabei war er sooo schön …

Die Flutschigen

Bild für Beitrag „Garngruppen“ 4

  • im Bild: DROPS Big Merino
  • ähnlich: Alpaca, Baby Merino, Baby Alpaca Silk, Lace, Merino Extra Fine, Puna
  • Merkmal: Reines Merinogarn oder sehr hoher Alpaka-Anteil
  • Strukturmuster: Sehr gut
  • Lacemuster: Sehr gut
  • Zopfmuster: Sehr gut
  • Stärke: Unglaublich weich und geschmeidig
  • Schwäche: Geht schnell aus dem Leim

Merinoschafe sind keine echten Schafe, sondern fluffige kleine Schäfchenwolken, die von wohlwollenden Mächten auf die Erde geschickt werden, um gute Menschen zu belohnen – daran glaube ich felsenfest und davon bringt mich niemand ab. Was Alpakas sind, habe ich noch nicht herausgefunden, aber es wird sich mit ihnen wohl irgendwie ähnlich verhalten.

Beide Tiere spenden mit ihrer Wolle die Grundlage für so wunderbar weiche Garne, dass ich mir als junge Strickerin geschworen habe, nie mehr mit etwas anderem zu stricken. Merinogarn hat ein fantastisches Strickbild, das jedes Muster gut herausbringt. Mit Alpaka sieht das Ganze meistens ein bisschen fluffiger aus, erhält dadurch aber noch mal einen ganz eigenen Charme.

Leider hat so viel Geschmeidigkeit auch eine Kehrseite: Statt sich wie gewöhnliche Schafswolle stabil ineinander zu verschränken, flutschen die Maschen aus Merino und Alpaka nur so ineinander rum. Strickt man obendrein noch eher locker (so wie ich, um hier mal ein Beispiel bloßzustellen), geht das Maschenbild unschön auseinander. Was hat das schon für Tränen gegeben! Daher: Fest stricken. Oder Schafwolle nehmen.

Die Baumwolligen

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  • im Bild: DROPS ♥ You #5
  • ähnlich: DROPS ♥ You #6, #7, #8, Belle, Bomull-Lin, Cotton Light, Cotton Merino, Cotton Viscose, Muskat, Paris, Safran
  • Merkmal: Überwiegend Baumwolle oder andere Pflanzenfasern
  • Strukturmuster: Meistens okay
  • Lacemuster: Okay
  • Zopfmuster: Machen keinen Spaß
  • Stärke: Hautfreundlich, unverwüstlich
  • Schwäche: Schwer und starr

Als DROPS das erste Baumwollgarn in der limitierten Serie DROPS ♥ You herausgebracht hat, habe ich sofort zugeschlagen. Es gab da schon lange diesen luftigen Sommermantel für die Garngruppe C in der DROPS-Kollektion, den ich stricken wollte. Den konnte ich jetzt für kleines Geld umsetzen.

Denkste! Denn wo die vorgeschlagene Bomull-Lin mit ihrem Leinenanteil für einen lockeren Fall sorgt, ist die reine Baumwolle der DROPS ♥ You #5 in diesem Modell viel zu schwer und ungeschmeidig gefallen. Zweimal getragen, dann für immer in der hinteren Ecke des Kleiderschranks verschwunden.

Noch schlimmer ist nur mein Versuch ausgefallen, ein Zopfmuster mit Baumwolle umzusetzen. Unmöglich ist es nicht. Aber man muss beim Verzopfen mit dem unnachgiebigen Material kämpfen und das Ergebnis ist nie so schön plastisch-fluffig wie bei Wollqualitäten.

Wenn man die Stärken von Baumwolle richtig ausspielt, kann man großartige Sachen stricken, die jedes Merino- und Alpakateil um Jahre überleben und auch im Sommer tragbar sind. Im falschen Projekt dagegen ist Baumwolle ungefähr so angenehm wie ein Kropf. Mischqualitäten wie Belle oder Cotton Merino machen Baumwolle etwas verträglicher und gehören meiner Meinung nach zu den Glanzleistungen von DROPS.

Die Flauschigen

Bild für Beitrag „Garngruppen“ 3

  • im Bild: DROPS Air und Brushed Alpaka Silk (von links nach rechts)
  • ähnlich: Alpaca Bouclé, Cloud, Kid Silk, Melody
  • Merkmal: „Es ist so flauschig, ich werde wahnsinnig!
  • Strukturmuster: Vergiss es
  • Lacemuster: Märchenhaft schön!
  • Zopfmuster: Eher nicht
  • Stärke: Flauschig
  • Schwäche: Flauschig

Ich muss zugeben, dass ich mit den meisten flauschigen Garnen auf Kriegsfuß stehe, weil ich sie nicht gut vertrage. Eines meiner allerersten Projekte war ein unendlich flauschiger Schal, den ich zweifädig aus Merino- und Mohairgarn strickte. Ein Traum! Leider musste ich ihn mir nach einer halben Stunde vom knallroten Hals reißen, weil ich Höllenqualen litt.

Mit den Alpaka-Flauschis von DROPS (Air, Cloud, Brushed Alpaca Silk) komme ich glücklicherweise klar, aber um Mohair mache ich bis heute einen großen Bogen. Trotzdem trauere ich meinem Flausch-Schal noch immer hinterher. Wie dem auch sei: Flauschigarne verwandeln ein Muster komplett. Struktur- und Zopfmuster werden mit zunehmendem Flauschgrad einfach verschluckt, Lace dagegen sieht aus wie weichgezeichnet und zeigt dadurch ein ganz neues Gesicht.

Die gemäßigtere Air lässt noch verhältnismäßig viel vom Muster erkennen, verleiht einem Kleidungsstück aber schon allein durch ihr geringes Gewicht einen ganz eigenen Charakter als zum Beispiel ein Merinogarn. Wer in einer Anleitung das empfohlene Garn gegen DROPS Air austauschen will, muss vorher überlegen, wie sehr der Sitz des Kleidungsstücks vom Eigengewicht des Garns abhängt. Umso mehr, wenn man zum Beispiel DROPS Baby Merino (175 m auf 50 g) gegen Kid-Silk (400 m auf 50 g) austauschen will.

Fazit

Am Ende des Tages muss man jedes Garn mal in der Hand gehabt haben, um zu wissen, was am besten zum Wunschprojekt passt. Mit einem groben Wegweiser kann man aber zumindest die schlimmsten Missgeschicke umschiffen. Meine erste Wahl ist übrigens meistens das Woll-Alpaka-Quartett Flora—Lima—Nepal—Andes, in der Garngruppe B noch ergänzt um DROPS Belle und Cotton Merino – alles sehr verlässliche Mischgarne, die sich angenehm verstricken lassen.

Bei allen anderen Garnen (von denen ich auch viele sehr gern mag) suche ich gezielt ein passendes Projekt zum jeweiligen Garn aus, das dessen Stärken gut zur Geltung bringt. Für die extrem geschmeidige Puna zum Beispiel habe ich schon einen Häkelpullover in der kommenden Herbst-/Winterkollektion von DROPS im Auge …

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Kommentare

  1. Von Juliane am 21. Juni 2017:

    Deinen Vergleich finde ich sehr interessant. Ich verstricke im Moment die Safran von Drops, die gefällt mir sehr gut.
    Die Maschenprobe, die angegeben ist haute allerdings bei mir gar nicht hin. Wie war das bei Dir?

    • Von Nina am 21. Juni 2017:

      Hallo Juliane,
      bei den älteren DROPS-Garnen komme ich so gut wie nie auf die vorgeschlagene Maschenprobe und es ist mir ein großes Rätsel, wie das überhaupt irgendein Mensch schafft. Bei den Garnen, die in den letzten Jahren rausgekommen sind, geht es etwas besser. 😉

  2. Von Doris M. am 21. Juni 2017:

    Bei Drops gibt es in den Sommerkollektionen immer wieder schöne Modelle in Big Merino, die ich gerne in Baumwolle z. B. mit der Drops Paris stricken würde, da die Merino für den Sommer hier im Süden vieeel zu warm ist.
    Kann ich die Garne einfach tauschen oder wird der Pullover in Baumwolle zu starr? Was muß ich beachten, wenn ich Wolle durch Baumwolle ersetze? Ich stricke meistens einfarbig und Lochmuster.
    Übrigens: großes Lob und vielen Dank für deinen Blog. Ich lerne immer noch dazu, obwohl ich schon ewig stricke.

    • Von Nina am 21. Juni 2017:

      Hallo Doris,
      Baumwolle hat immer die Tendenz, etwas starrer zu werden als Merino. Am Ende hängt das aber ganz stark vom Modell und der persönlichen Strickweise ab. Was auf jeden Fall hilft, ist etwas lockerer zu stricken oder eine halbe Nadelstärke raufzugehen. Mit Lochmustern wirst du aber auf jeden Fall weniger Schwierigkeiten haben als zum Beispiel mit Fair Isle oder Zöpfen.
      Mein Rat ist: probiere es einfach mal aus! Vielleicht gibt es ja ein Modell auf deiner Wunschliste, das nicht ganz so zeit- und garnaufwändig ist? 😉

  3. Von Silke am 21. Juni 2017:

    Hallo Nina,
    vielen Dank für diesen Blockbeitrag, welcher in gewohnter Weise sowohl informativ, als auch unterhaltsam ist.
    Besagter Sommermantel hatte es mir auch angetan, Ich hatte dafür aber die Belle im Auge, welche gerade neu herausgekommen war. Da andere Garngruppe hatte ich mich nach Maschenprobe entschlossen eine Nummer größer und 1/1 Nadelstärke höher zu gehen. Das Ergebnis war dann ein Teil, in welches ich in vierfacher Ausfertigung gepasst hätte. Also alles wieder geribbelt und nur 1/2 Nadelstärke höher angeschlagen. Jetzt ist es eines meiner Lieblingsteile!

    Liebe Grüße
    Silke

    • Von Nina am 28. Juni 2017:

      Na klar, die Belle! Danke für den Tipp, Silke – vielleicht ist das Muster für mich doch noch nicht verloren … 😀

  4. Von Susanne am 22. Juni 2017:

    Ja sehr schön aufgelistet und geschrieben. Das könnte ich mit glattweg meinen Erfahrungen beim Versuch, Baumwollgarne zu Aranpullover oder mit Norwegermustern zu verstricken, unterstreichen. Nach der üblichen Euphorie beim Beginnen eines Strickprojektes kam die Einsicht: “Das musste beides einfach scheitern” 😉 Zum Glück hab ich das nicht bis zum Ende durchgezogen, sondern rechtzeitig den Rückwärts-Strickgang eingeschaltet, sodass das Garn doch noch zu etwas Sinnvollem verarbeitet wurde.
    Was bin ich froh, dass nicht nur ich solche Dummheiten versuche…

    • Von Nina am 28. Juni 2017:

      Gute Entscheidung! Ich glaube, ich könnte glatt mal einen Beitrag nur zum Thema Strickdisziplin vs. Vernunfts-Ribbeln machen …

  5. Von doris am 22. Juni 2017:

    ein wunderbarer Beitrag ! Wenn ich ihn nur vor drei Jahren schon hätte lesen können – ich hätte mir viel Ärger erspart.
    So habe ich eine ganze Reihe von gescheiterten Versuchen mit Garnen hinter mir, die gerade im Sale waren. Bei Drops Anleitungen wars noch relativ einfach, aber die wurden mir mit der Zeit langweilig. Erstaunlich, daß man bei der Wahl des Garns so viel falsch machen kann. Seither berücksichtige ich immer die Wollzusammensetzung, die in der Anleitung angegeben ist.

    • Von Nina am 28. Juni 2017:

      Ich hätte meinen Beitrag auch gern schon vor drei Jahren gehabt, liebe Doris … 😉
      Mit den DROPS-Sales fällt das Lehrgeld aber ja zum Glück nicht ganz so schmerzlich aus. 🙂

  6. Von Renate am 25. Juni 2017:

    Liebe Nina,
    Wie immer ist es eine Freude, Deien Blog zu lesen. Und besonders heute möchte ich immer ausrufen: ” genau! So isses! “usw… leider bin auch ich häufig auf die Nase gefallen bei meiner Wollwahl. Sogar, wenn ich die Originalwolle genommen habe. Jaja,damals, mein neuer Pulli aus Drops Paris, der war nach einer Wäsche in der Altkleidersammlung.
    Die Baby Merino kann ich nur empfehlen für Stephen West Projekte: die kann man sich leisten und sie läßt sich so herrlich blocken! Natürlich auch für andere Tücher geeignet. 😉
    Ich freue mich auf Dein nächstes Thema!
    Renate

    • Von Nina am 28. Juni 2017:

      Hallo Renate,
      oh ja, die Baby Merino kann was! Da ist auch die Farbauswahl ganz großartig… 🙂

  7. Von Antje am 25. Juni 2017:

    Hallo,
    Ich möchte gern ein älteres Modell von DROPS Design stricken. Allerdings gibt es das eine verwendete Garn – DROPS Vivaldi (Garngruppe C) – nicht mehr. Aus welchem Material bestand das? Um es durch ein aktuelles Garn zu ersetzen, wäre die Info nicht schlecht. Und gerade dieser Blogbeitrag lässt mich da mit Bedacht an die Dache rangehen.

    Danke im Voraus für eure Hilfe!

  8. Von Antje am 26. Juni 2017:

    DANKE!!! 🙂

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