Abnehmen. Und zwar links geneigt.

Nein, es geht nicht um komplizierte Diäten und wild kreisende Milchsäuren 😉 Sondern um das oft bemängelte, weil eindeutig weniger ebenmäßige Gegenstück zur rechts geneigten Abnahme.

Obwohl es so viele Möglichkeiten gibt, eine links geneigte Abnahme zu produzieren, ist das Endergebnis oft eine unschöne Zick-Zack-Linie mit langgezogenen, buckligen Maschen, an denen das Auge hängenbleibt. Und deswegen will ich das Thema heute mal etwas näher beleuchten.

Bild für Beitrag „Links geneigte Abnahmen“ 1

Ein klein wenig Theorie: Wenn wir zwei Maschen rechts zusammen stricken (englisch: k2tog = knit 2 together) dann ist das schnell und leicht gemacht. Statt durch eine Masche führen wir die rechte Nadel durch zwei Maschen gleichzeitig und stricken sie wie gewohnt ab. Die beiden frisch ver-strick-mählten Maschen neigen sich nun zueinander hin (wie romantisch). Da aber die links liegende von beiden oben liegt, bestimmt sie mit ihrer Rechtsneigung das Gesamtbild. Ergo: zwei rechts zusammenstricken (k2tog) erzeugt eine rechts geneigte Abnahme. Da wir dabei kaum an den Maschen herum manipulieren, wird das Ergebnis (rechts im Bild) hübsch ebenmäßig und es gibt nichts zu meckern.

Bild für Beitrag „Links geneigte Abnahmen“ 2

Anders als bei dem Gegenstück, dem bösen Zwilling. Die links geneigte Abnahme.

Wollen wir im Gesamtbild eine Linksneigung sehen, müssen wir dafür sorgen, das beim Zusammenstricken die rechts liegende der beiden Maschen oben liegt. Die einfachste Möglichkeit, das zu erreichen, ist wohl, die erste (= rechts liegende) Masche abzuheben, die zweite (= links liegende) zu stricken und die abgehobene dann über die neue Masche drüber zu heben.

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Dann liegt sie vorn. Joa. Leider wurde bei diesem Manöver aber so viel an ihr herumgezerrt, dass sie groß und ausgeleiert ist und im Gesamtbild nach mehreren Reihen fies aussieht. Siehe Foto oben, links im Bild.

Ein schöneres Ergebnis erziehlt da die als SSK (slip, slip, knit) bekannte Technik, bei der zuerst zwei Maschen wie zum Rechts Stricken abgehoben werden (damit sie nachher richtig herum liegen) und danach verschränkt (also durchs hintere Maschenglied) zusammen gestrickt werden.

[dsgvo-vimeo url=”https://vimeo.com/32239150″ ]

Da die rechte Nadel dabei anders als beim normalen (nicht verschränkten) Abstricken von rechts nach links statt von links nach rechts durch die Maschen geschoben wird, bleibt statt der links liegenden die rechts liegende Masche oben liegen. Ergo: optisch eine Linksneigung der Abnahme. Wollten wir ja auch so haben. Allerdings hat das Abheben die oben liegende Masche wieder gedehnt und lässt sie unordentlich erscheinen. Weniger als nach dem Überheben vorhin aber trotzdem noch sichtbar.

Bild für Beitrag „Links geneigte Abnahmen“ 3

Etwas hübscher wird es, wenn wir die zweite Masche nicht wie zum Rechtsstricken sondern wie zum Linksstricken abheben. Nach dem Zusammenstricken wird sie dann nämlich verschränkt im Gestrick liegen, was keiner bemerkt, weil sie sich ja hinter der rechts liegenden Masche versteckt. Das benötigte Garn für die Verschränkung holt sie sich zum Teil von ihrem Partner, der ersten Masche, die damit wieder etwas kleiner und ordentlicher wird.

Bild für Beitrag „Links geneigte Abnahmen“ 4

Das sieht doch schon halbwegs manierlich aus, oder?

Verfolgt man diesen Ansatz jetzt noch ein bisschen weiter, landet man bei einer Variante namens SYTK (slip, yank, twist, knit = abheben, dehnen, verdrehen, (zusammen-)stricken), die ich im englischsprachigen TechKnitting-Blog aufgestöbert habe. Dabei wird wieder die erste Masche abgehoben und dann die zweite absichtlich gedehnt (um der ersten überschüssiges Garn wegzunehmen) und noch um zusätzliche 180 Grad verdreht (damit sie das eroberte Garn auch nicht wieder abgeben kann). Dann wird die rechts liegende Masche zurück gehoben und beide verschränkt zusammengestrickt. Die rechts liegende liegt jetzt wieder oben und erscheint normal groß, weil die links liegende Masche (doppelt verschränkt!) ihr ordentlich Garn abgenommen hat. Sehr geschickt. Und das Ergebnis ist durchaus ansehnlich:

Bild für Beitrag „Links geneigte Abnahmen“ 5

Hier noch ein (englisches) Video zu SYTK.

Es gibt auch noch zahlreiche weitere Methoden um den bösen Zwilling der rechts geneigten Abnahme zu bändigen. Welche benutzt ihr denn so? Habt ihr vielleicht den ultimativen Geheimtipp?

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Kommentare

  1. Von Ruth am 26. August 2015:

    Ohhh, wie klasse – die Methode kannte ich noch gar nicht. Werde es direkt mal ausprobieren. Sieht wirklich super aus. Vielen Dank.

    Liebe Grüße aus Köln, Ruth

  2. Von Birgit am 27. August 2015:

    Vielen Dank! Nicht nur für die Zusammenfassung und Erklärung der verschiedenen Techniken, sondern auch für den SYTK- Tip. Das werde ich testen.

  3. Von biggi am 27. August 2015:

    STYK kannte ich auch noch nicht. Warum wird der nicht in den Anleitungen verwendet? Die renommierten Designer bei ravelry sollten das doch kennen, oder?

  4. Von biggi am 27. August 2015:

    dir dafür einen ganz besonderen Dank, liebe Antje

  5. Von Vanda am 27. August 2015:

    Hallo, ich habe mich immer geaergert weil bei mir auch die linke Seite bei der Abnahmen sehr schlecht aussah und wunderte mich wie andere es machen.
    Danke fuer dein Tipp, habe es gestern schon ausgeprobt und es sieht wirklich toll aus.

  6. Von brigitte reuscher am 27. August 2015:

    liebe antje

    zeige doch mal abnehmen links geneigt auf der rückseite

    • Von Antje am 27. August 2015:

      Hallo Brigitte,
      darf ich es dir auch verlinken? Auf dieser nützlichen Seite bekommst du die Technik, die schöne Ergebnisse erzielt aber nur beim Stricken in Reihen funktioniert, unter dem Kürzel “SSP” erklärt und demonstriert 🙂 http://www.knittinghelp.com/videos/decreases

  7. Von Anja am 28. August 2015:

    Oh, vielen Dank, das passt ja wie die Faust aufs Auge, ich bin nämlich gerade nach vielen Monaten bei meinem niedlichen Fintry-Jäckchen bei den Raglan-Abnahmen und die SYTK-Methode ist ja wirklich super. Gut, dass Du das Video verlinkt hast, beim Lesen der Anleitung hat sich mir schlicht das Hirn verknotet, aber es ist ja total easy ;-)))
    LG
    Anja

  8. Von Regina am 04. September 2015:

    Das ist ja mal was ganz tolles!

    Ich hab’s natürlich gleich ausprobiert, ist echt klasse. Den “turn” mache ich etwas anders, nämlich wie wenn man eine Masche links verschränkt abstricken will (also von hinten links nach vorne rechts in die Masche einstechen).
    Dadurch sind, zumindest bei mir, 2 Fliegen mit einer Klappe erschlagen:
    Erstens splitte ich das Garn nicht, und zweitens kann ich beide Maschen gleichzeitig zurück auf die linke Nadel heben. Gut fürs folgende zusammen stricken.

  9. Von Jessica am 30. November 2015:

    Echt spitze!
    Mein erster Kinderpullunder und ich dachte, ich mache was falsch beim linken betonten Rand, weil es immer anders und mehr hervorstach als rechts am Ärmel. Jetzt ist es endlich gegengleich. Juhu!!!!!
    1000 Dank

    • Von Antje am 02. Dezember 2015:

      Das ist ja sehr erfreulich 😀 Glückwunsch!

  10. Von Apfelkern am 04. Dezember 2015:

    Verrückt! Ich habe noch nie in StrickTechBlogs nachgelesen aber die SYTK Methode benutze ich trotzdem schon lange.
    Bei meinem absoluten Lieblingsprojekt – der Socke – hat es mich immer gestört, dass die schmaler werdende Fußspitze so ungleichmäßig aussieht. Mit ein bisschen Herumprobieren und SSK war ich nicht zufrieden, also verdrehte ich die zweite Masche. So ausgiebig gedehnt wie in dem Beispielvideo habe ich die Masche nie aber trotzdem bin ich mit der Methode sehr zufrieden.
    Witzig, wenn man plötzlich lernt, wie diese schöne Abnahme eigentlich heißt, die man irgendwann mal entdeckt hat. 😀

    • Von Antje am 08. Dezember 2015:

      Jaa, das kenn ich auch! Ich glaube manche Sachen sind schon so oft “erfunden” worden… die müssen sich nur endlich mal ordentlich rumsprechen 🙂

  11. Von Marita am 06. Juli 2017:

    Eine super Methode, vielen Dank dafür!
    Ich bin derzeit auf der Suche nach einer Methode für eine rechtsgeneigte Abnahme bei linken Maschen, also nicht p2tog, das ja eine rechtsgeneigte Abnahme auf der rechten Seite erzeugt.
    Also, wenn du sowas noch auf Lager hast: raus damit 😉

  12. Von Bärbel am 05. Dezember 2017:

    Wow! Wie cool ist das denn? Liebe Antje, vielen Dank für den tollen Artikel! Nach längerer Strickabstinenz habe ich meine erste „einfachste-Mütze-der-Welt“ in 1×1-Rib in Arbeit und nun die links geneigten Abnahmen mit der SYTK-Methode gemacht. Wirklich total easy und sieht super ordentlich aus. Bei der Gelegenheit danke auch für die tolle Mützen-Anleitung an Carolin und an dich für die leicht veränderte Version. Ein butterweicher Traum in Mecha

    • Von Antje am 06. Dezember 2017:

      Hallo Bärbel,
      das ist ja super, ich freu mich mit! Liebe Grüße und eine schöne Vorweihnachtszeit!
      Antje

  13. Von Theresa Laufer am 27. Oktober 2018:

    Hallo Antje, toll sind Ihre Fotos und prima Ihre Erklärungen!
    Ich habe mich vor kurzem nach jahrzehntelanger Abstinenz jetzt mit 76 Jahren wieder an einen Pullover, glatt rechts, gewagt und freue mich, dass ich mit Hilfe eines Schnitts auch alles (auch die Armkugel) ausrechnen kann.
    Jetzt geht es mir aber um die schräge Abnahme am Rand des Armausschnitts und am Rand der Armkugel bzw. dann auch am Halsausschnitt.
    Um Ränder, die man dann auch schön zusammennähen kann ( Bsp. Armkugel in den Armausschnitt einnähen).
    Abnahmen direkt am Rand gefallen mir einfach besser als betonte Abnahmen. Ich habe schon mehreres ausprobiert, komme aber bis jetzt zu keinem befriedigenden Ergebnis. Vor allem die Abnahme am Rand des Strickstücks gestaltet sich schwieriger, d.h. weniger schön.
    Es wäre sehr, sehr schön, wenn ich von Ihnen darauf eine Antwort bekäme. Ich möchte den Aufwand unbedingt auch bezahlen.
    Herzliche Grüße von Theresa Laufer

    • Von Antje am 05. November 2018:

      Hallo Theresa,
      mein Tipp wäre hier die Abnahmen um zwei Maschen vom Rand weg zu verlegen, dann entstehen keine Treppchen.
      Viel Erfolg!

  14. Von Lisa Weber am 26. April 2019:

    Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.

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